M-Sport Ford präpariert Fiesta WRC in windeseile für die WM auf Sardinien

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Wie schnell sie mit Schraubenschlüssel, Zange und notfalls auch dem Hammer zur Sache gehen können, stellen die Mechaniker von M-Sport Ford bei Rallyes regelmäßig unter Beweis: Dann reichen ihnen mitunter 20 Minuten, um aus einem kräftig ondulierten Vehikel wieder einen vorzeigbaren und voll funktionsfähigen Turbo-Allradler zu machen.

Jetzt mussten die Spezialisten auch zwischen zwei WM-Läufen mächtig zaubern: Nur drei Tage blieben ihnen daheim im Workshop Dovenby Hall, um die auf dem in Köln-Niehl produzierten Ford Fiesta basierenden World Rally Cars von Elfyn Evans und Teemu Suninen nach der Rückkehr aus Portugal für den Einsatz bei der bevorstehenden Sardinien-Rallye Italien vorzubereiten. Und dies bedeutet: einmal komplett demontieren, warten und reparieren sowie neu zusammensetzen. Das ist mehr als knapp bemessen und verlangt vollen Einsatz. Die Lichter in den Werkstatthallen von M-Sport brannten in der zweiten Wochenhälfte nahezu nonstop.

Los ging es am frühen Mittwochmorgen, als der Lkw-Konvoi aus Porto im Nordwesten Englands eintraf. Am Freitagnachmittag machte sich der Tross bereits wieder auf den Weg Richtung Genua, wo am Samstag die Nachtfähre gen Sizilien wartete. Vom Hafen in Porto Torres war es dann nur noch eine Stunde Fahrt bis Alghero, dem Dreh- und Angelpunkt des achten WM-Saisonlaufs.

Zeit für propere Testfahrten zur Vorbereitung auf die Schotterveranstaltung blieb angesichts des eng gesteckten Zeitplans nicht. Evans und Suninen zehren allerdings noch von den Erfahrungen, die sie in Portugal auf ähnlichem Geläuf und bei vergleichbar heißen, staubigen Bedingungen mit dem rund 380 PS starken Fiesta WRC gesammelt haben. Als Viert- und Fünftplatzierte schrammten sie nur knapp an Podestplatzierungen vorbei.

Der Rallye Italien auf der wunderschönen Mittelmeerinsel Sizilien blickt M-Sport Ford gerne entgegen. Die schnellen und engen Pisten in den schroffen Bergen mit ihren alten Wäldern und scheinbar unberührten Landschaften halten schwierige Bedingungen bereit. Sie werden von Felsblöcken und Steinen gesäumt, die jeden Fehler unbarmherzig bestrafen. Ergo kommt es auf die präzise Zusammenarbeit zwischen Fahrer und Copilot besonders an.

„Die Jungs bei uns im Workshop haben ein paar kurzweilige Tage hinter sich“, betont M-Sport-Teamchef Richard Millener. „Unsere Ford Fiesta WRC trafen erst am Mittwoch aus Portugal ein, da war mehr als eine Nachtschicht notwendig, damit sie am Freitag bereit standen für den Transport nach Italien. Aber wir haben eine exzellente Mechaniker-Mannschaft, die es natürlich geschafft haben – auch wenn wir dafür ein paar Mal die Auslagen der örtlichen Konditorei plündern mussten…“

„Mit unseren Fiesta WRC haben wir in den vergangenen Jahren auf Sardinien gute Resultate erzielt“, so der 35-Jährige. „Ott Tänak hat mit uns in 2017 die Rallye gewonnen, 2018 schrammte Sébastien Ogier nur 0,7 Sekunden am Sieg vorbei. Auch Elfyn Evans und Teemu Suninen kennen sich mit der Veranstaltung gut aus. Sie wissen, worauf es ankommt, um bei diesem Event schnell und erfolgreich zu sein. In Portugal hatten wir Podestplätze bereits in Sichtweite. Die peilen wir auch dieses Mal an: Wir würden gerne den einen oder anderen Pokal mit in die Sommerpause nehmen.“

Elfyn Evans / Scott Martin (Ford Fiesta WRC, Startnummer 33); WM-Rang: 4; Rallye-Italien-Starts: 5. Bestes Ergebnis: Platz 4 (2015)

Es war die Rallye Sardinien 2013, als Elfyn Evans erstmals mit einem World Rally Car bei einem WM-Lauf an den Start ging. 2015 fuhr der Walliser mit Rang vier sein bestes Ergebnis auf der Mittelmeerinsel ein. In diesem Jahr will sich der 30-Jährige um mindestens einen Platz verbessern.

„Jeder von uns erinnert sich daran, wann und wo er erstmals bei einem World Rally Car ins Lenkrad greifen durfte“, erläutert Evans. „Darum bleibt der WM-Lauf auf Sardinien für mich immer etwas besonderes. Er ist eine schwierige Herausforderung, doch mit der Zeit habe ich gelernt, die Eigenarten dieser Wertungsprüfungen zu genießen. In diesem Jahr wollen wir auch dank einer intelligenten Heransgehensweise unter die ersten Drei fahren, obwohl die Konkurrenz hart ist. Einen speziellen Vortest konnten wir nicht mehr durchführen. Dafür war ich bei einer Veranstaltung mit von der Partie, die sich ,Red Bull Cut it‘ nennt – ein Wettrennen für Rasenmäher-Traktoren! Ich weiß nicht, wie weit mir dies in Italien helfen wird, aber Spaß hatten wir auf jeden Fall eine ganze Menge…“

Teemu Suninen / Jarmo Lehtinen (Ford Fiesta WRC, Startnummer 3); WM-Rang: 6; Rallye-Italien-Starts: 3. Bestes Ergebnis: Platz 8 (2016)

Der junge Werksfahrer von M-Sport geht auf Sizilien unter neuen Vorzeichen an den Start: mit dem erfahrenen Jarmo Lehtinen auf dem heißen Sitz. Der 50-Jährige kann als Copilot von Mikko Hirvonen auf 15 WM-Laufsiege zurückblicken und bringt entsprechend viel Erfahrung mit.

Er wird Suninen für den Rest der Saison „vorbeten“. Teemu erinnert sich gerne an die Mittelmeer-Rallye: 2015 gewann er in Italien die WRC 3-Wertung, 2016 die WRC 2-Klasse. Geht es nach dem 25 Jahre alten Finnen, kann es im laufenden Jahr so weiter gehen.

„Mit Jarmo Lehtinen habe ich für den weiteren Verlauf des Jahres einen neuen Beifahrer“, bestätigt der junge Finne. „Ich danke Marko Salminen für die bisherige Unterstützung, wir haben gemeinsam im vergangenen halben Jahr viel erreicht, Wertungsprüfungs-Bestzeiten gesetzt und WM-Rallyes angeführt. Aber ich befinde mich weiter in einer steilen Lernphase, von Jarmos immenser Erfahrung kann ich enorm profitieren. Dies ist sehr wichtig, um meine ehrgeizigen Ziele in der zweiten Saisonhälfte zu erreichen. Die Rallye Italien kenne ich recht gut. Ich starte hier zum vierten Mal, das hilft sicherlich, um mich schnell an Jarmo zu gewöhnen. Mit nur einer Woche Pause seit dem portugiesischen WM-Lauf fiel die Vorbereitungszeit eher kurz aus. Doch wenn alles nach Plan läuft, sollten wir unsere Performance wiederholen können. Dazu müssen wir bereits beim Abfahren der Strecken hochkonzentriert sein, denn die groben Schotterprüfungen auf Sardinien erlauben kaum Fehler und setzen auch dem Material zu. Hinzu kommt die intensive Hitze – viel Trinken und richtige Ernährung werden eine große Rolle spielen, um das eigene Energielevel oben zu halten.“

Julius Tannert und Nico Knacker mit ihren Fiesta R2T in Junior-WM am Start

Erst Schnee, dann Asphalt, nun Schotter: Für die beiden deutschen Ford Fiesta R2T-Fahrer in der Junioren-Weltmeisterschaft wartet auf Sizilien die nächste schwierige Aufgabe. Julius Tannert aus Zwickau reist nach seinem Klassensieg auf Korsika mit hohen Erwartungen gen Italien.

Gemeinsam mit Beifahrer Jürgen Heigl hat er sich eine Platzierung unter den besten Drei zum Ziel gesetzt. „Das wird eine extrem anspruchsvolle Rallye. Von meinem Start vor zwei Jahren weiß ich, dass bei dieser Rallye alles passieren kann und wir mit Köpfchen fahren müssen“, so der 29-Jährige. „Die Wertungsprüfungen sind nach den World Rally Cars und R5-Autos, die vor uns starten, extrem ausgefahren. Teilweise liegen fußballgroße Steine auf der Strecke. Wir sind besonders motiviert und wollen unsere Erfahrung ausspielen.“

Genau die fehlt dem 22 Jahre jungen Nico Knacker aus Siedenburg noch: Mit seinem frontgetriebenen, rund 200 PS starken Ford stellt er sich beim dritten Saisonlauf der Junior-WM seiner ersten reinen Schotter-Rallye überhaupt. „Ich bin sehr gespannt, wie sich unser Fiesta auf dem für mich neuen Untergrund verhalten wird“, so das Nachwuchstalent, der auf die Ansagen von Anne Katharina Stein hören wird. „Ich bin sehr froh, dass ich mit Anne eine so erfahrene Beifahrerin für diese anspruchsvolle Veranstaltung gewinnen konnte. Wir wollen möglichst jede Wertungsprüfung absolvieren und wichtige Erfahrungen sammeln, an meinem Aufschrieb arbeiten und diesen verbessern.“
 
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