Heckscheibenwischerantrieb reparierbar!

holgi63

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Hallo Leuts,

nachdem ich gestern feststellen musst, dass der Heckwischer (2001 TDDI Kombi) seine Arbeit verweigerte, die Ursache aber nicht die Sicherung war, habe ich mir gezwungenermaßen den Antrieb zur Brust genommen.

Meine Erwartung war ein poppnietverschlossenes Gehäuse, aber, was Wunder: Motor und Gehäuse können mit kleinem Torx-Schlüssel geöffnet werden, der Pluspol des Motors mus rausgelötet werden. Dann hat man alle Teile einzeln vor sich liegen.

Die Ursache war schnell gefunden, die Hauptwelle war im Spritzgussgehäuse festkorrodiert.
Auf dem Bild könnt Ihr das Innere begutachten, wie es sich mir nach dem Öffnen des Getriebegehäuses darstellte.

Nach Reinigung und Gängigmachen der Hauptwelle das ganze neu abgeschmiert und wieder zusammengebaut.
Jetzt läuft er wieder. Zu beachten ist lediglich, dass die beiden Zahnsegmente passend zueinander zusammengefügt werden.
Nach dem Zusammenfügen kann man aber von Hand einen "Probelauf" machen, dann stellt sich schnell heraus, ob es passt. Eigentlich ist das ganze recht "narrensicher".

Obwohl ein neuer Wischerantrieb sicher nicht die Welt kostet, wollte ich hier nur mal drauf hinweisen, dass der Antrieb relativ einfach geöffnet werden kann.

Grüße
Holger
 

der_ast

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Gratuliere, Holger!

Du hast hier ein Problem gelöst, an dem schon viele vor Dir verzweifelt sind :respekt
Meinst Du, Du kriegst noch eine Anleitung für die Datenbank hin?

ng
Alex
 

holgi63

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Hallo Alex,

edit: Mein erster Beitrag enthält nun das geöffnete Bild mit ein paar erklärenden Texten, in diesem Beitrag ist ein aus dem Netz gezogenes Bild eines geschlossen dargestellten Antriebs, allerdings vom MK II. Dieses habe ich an den wesentlichen Punkten ebenfalls beschriftet.
Die Unterschiede zum MK III sind marginal - und damit dürfte die Prozedur der Rep. bei MK II und MK III vergleichbar sein.


wenn ich das gewusst hätte, hätte ich eine Fotostrecke der gesamten Rep gemacht und die Bilder entsprechend beschriftet. So habe ich nur das eine Bild, weil ich dachte, ich müsste die Stellung des Gelenkhebels und der Zahnsegmente dokumentieren, was aber nicht nötig war. Die richtige Stellung findet man nach 2, 3 Versuchen mit etwas Logik, also nachdenken, selbst.

Deshalb habe ich jetzt einen Trockenübungsaufsatz geschrieben, also ohne Bilder:

1.) Heckklappe öffnen

1a) Jeweils eine Kreuzschlitzschraube aus den beiden Griffmulden des unteren Teils der Innenverkleidung rausschrauben
1b) Unteren Teil der Innenverkleidung von unten her von der Heckklappe weg abziehen, dabei durchaus etwas kräftiger zur Sache gehen.

2.) Scheibenwischerarm abmontieren.

2a) Dazu die Blende über der Schraube an der Wischararmwelle (Hauptwelle) hochschwenken.
2b) evtl. etwas WD40, Caramba od. anderes Kriechöl auf die Schraube
2c) Schraube abdrehen.
2d) Wischerarm sitzt auf einem geriffelten Konus, von dem er mit ein paar Bewegungen am Wischerarm zu lösen ist.
evtl. auch mit Kriechöl nachhelfen

3.) Wischerantrieb abmontieren
3a) Stecker der Spannungsversorgung abziehen
3b) 3 Schrauben (SW 8 ) abschrauben, Antrieb von der Heckklappe abnehmen

4.) Antrieb öffnen (Antrieb besteht aus einer Motor/Schneckengetriebeeinheit)
4a) Alle Schrauben um das Getriebe (das große, flache, runde, Teil, wo in der Mitte die Wischerarm-Welle rauskommt)
abschrauben - Torx-Schraubendreher!.
4b) Pluspol des Motors ablöten (an einer Seite schaut am Motorkopf ein kupferfarbener Draht heraus,
der mit Lötzinn an einem Kontakt befestigt ist. Diesen vorsichtig ablöten).
4c) 2 Schrauben der Motorbefestigung ausdrehen, Gegenmuttern (Vierkant-Flachmuttern) rausfallen lassen,
alle Schrauben aufheben, dass am Ende nix fehlt ;-)
4d) An der Hauptwelle die schwarze Kunststoffkappe (Kunststoffhülse) mit einer WaPu-Zange runterdrehen
(hat kein Gewinde, sondern aufgesteckt, jedoch meist festgemoddert). Darunter befindet sich noch eine U-Scheibe und ein O-Ring.Beide abziehen und beiseite legen.

5.) Fehlerdiagnose
, also nachsehen, wo es hakt

Mögliche Fehler:
- Hauptwelle fest
- Schneckengetriebe abgenutzt (Schneckenrad besteht aus Polyamid-Kunststoff) Wenn ja, exitus! (Glaube nicht, dass es das Zahnrad einzeln gibt).
- Motor kaputt, wenn ja, exitus! (Es sei denn man könnte den Motor, evtl. die Kohlen dafür, einzeln bekommen).

5a)
Den vom Getriebe abmontierten Motor kann man auf Funktion testen, auch, wenn er kein Kopflagerschild hat, welches ein Bestandteil der Getriebeeinheit ist.
Sichtprüfung auf die beiden Kohlen
12 Volt (Ladegerät o.ä.) kurz antippend anlegen, Motor muss laufen

5b) Festkorrodierte Hauptwelle von der Kopfseite (wo der Wischerarm dran war) mit Drahtbürste reinigen und satt mit Caramba einsprühen. Versuchen, am Kunststoff-Schneckenrad zu drehen. Wenn auf diese Weise keine Bewegung der Hauptwelle erreichbar ist, das Getriebe mit Welle nach oben auf ausreichend weit geöffnete Schraubstockbacken auflegen. Dabei beachten, dass möglichst viel Flanschfläche des Getriebes glatt auf den Schraubstockbacken aufliegt.
Mit einem Hammer nun leicht und mit Gefühl auf die Welle schlagen.
(Gehäuse ist aus Spritzguss, also sehr bruchempfindlich!).
Immer wieder mit Caramba einsprühen.
Nach ein paar Hammerschlägen sollte die Welle nachgeben. Tut sie es nicht, das ganze Getriebe über Nacht in Caramba, WD 40, irgendein anderes Kriechöl oder notfalls in Dieselkraftstoff legen.
Prozedur wiederholen. Alternativ bei hartnäckiger Welle evtl. den Wischerarm wieder montieren und diesen als Drehhebelarm nutzen, um die Welle zu bewegen Getriebegehäuse dabei keiner zu großen Gegenkraft aussetzen, damit es nicht zerbricht!
Sobald die Welle nachgibt, auf der Gegenseite probieren, ob sich das Kunststoffrad drehen lässt.
Durch weitere leichte Schläge und Drehversuche die Welle ganz herausschlagen/-drehen.

5c) Mit Schmirgelpapier (K80) die Hauptwelle blankschmirgeln, anschließend mit feinerem Schmirgelpapier (K120 oder 240) einen Kreuzschliff auf die Welle produzieren.
Dazu das Schmirgelpapier mit der einen Hand um die Welle halten, mit der anderen die Welle gleichzeitig drehen und längs bewegen. Dadurch entstehen kreuzförmige Schmirgelriefen, in denen sich künftig das Fett (Schmierfilm) halten kann und dieser Schmierfilm entscheidet mit über die künftige (Rest-)lebensdauer des Antriebs.
Welle leicht einfetten und im Gleitlager auf satt gleitenden Gang testen

5d)
Gehäuse von altem Fett und Schmutz reinigen, Dabei die 3 Kontaktzungen am Gehäuseboden nicht verletzen oder verbiegen
Gelenkhebel und Zahnrad auf der Hauptwelle ebenfalls reinigen.
5e) Alles frisch und gut einfetten (NICHT ZUVIEL!) Gehäuse sollte am Ende insges. max. 10% des Hohlvolumens an Fett enthalten!
Besser ist es, ein geeignetes "steifes" (zähes) Fett zu verwenden, normales Abschmierfett, wie es bei Nutzfahrzeugen
verwendet wird, geht aber auch

ACHTUNG! Kein graphithaltiges Fett verwenden! Graphit ist elektisch leitend und im Getriebegehäuse verlaufen elektrische Kontakte und Schaltvorgänge!

5f) Die Schnecke (die "Schraube" auf der Motorwelle) satt mit Fett bestreichen, ebenfalls die Zähne des weißes
Schneckenrades, sowie die Kontaktzungen am Boden des Getriebegehäuses reichlich im Fett versenken..

6.) Zusammenbau
6a) Getriebeteile montieren. 1.) Schneckenrad, 2.) Gelenkhebel mitsamt der Hauptwelle
Beim Gelenkhebel die Verzahnung der beiden Zahnsegmente so ineinanderfügen, dass anschließend
das montierte Getriebe von Hand durchgedreht werden kann.
Das funktioniert nur in der richtigen Passung, die man aber nach wenigen Versuchen herausfindet.
Blechdeckel vom Getriebe noch nicht montieren!
6b) Motor am Getriebegehäuse befestigen, Pluspol wieder anlöten
6c) Gegenlagerwellenstumpf der Hauptwelle mit Fett bestreichen
(Das Gegenlager ist der Blechdeckel)
6d) Blechdeckel des Getriebes aufsetzen, dabei darauf achten, dass die Pass-Stifte in
die entsprechenden Bohrungen einsetzen. Schrauben anziehen.
Auf der Hauptwelle muss noch die Kunststoffhülse aufgesteckt werden. Vorher noch O-Ring und U-Scheibe wieder auf die Hauptwelle aufziehen.
Die Kunststoffhülse sollte vorher reichlich mit Fett gefüllt werden. fertig.


Antrieb nun noch am Fahrzeug montieren, Stecker einstecken, Verkleidung dranpoppen, Wischerarm befestigen - steht in Ruhestellung waagerecht LINKS!!! Das alles geht umgekehrt wie bei der Demontage, muss also nicht extra beschrieben werden...

Diese Dokumentation ist nach bestem Wissen und Gewissen verfasst worden, aber ohne Gewähr!

Ende Doku...

Ob das jetzt für eine Doku brauchbar ist, musst Du entscheiden.

FG
Holger

PS: Wer jeden Frühling und jeden Herbst 2 Tropfen Ballistol (nicht harzendes Waffenöl, auch bestens geeignet für Automatikantennen) auf die Hauptwelle träufelt, wird sich diese Prozedur wahrscheinlich lebenslang ersparen können!
 

der_ast

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vielen Dank, Holger!

Eine grossartige Beschreibung - klingt ziemlich Idio***sicher :D
Ich werds bei Gelegenheit (sofern Du damit einverstanden bist) in die DB einfügen.

ng
Alex
 

holgi63

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Hallo Alex,

von mir aus kannst Du das verwenden. Es ist nach bestem Wissen und Gewissen verfasst, trotzdem ohne Gewähr(!) und wer es damit nicht hinbekommt, hat eh 2 linke Hände und alles Daumen dran...

FG
Holger
 
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