Guido

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Raumgleiter ohne Nachfolger

Von 1993 bis 2001 bot Ford in Deutschland den Explorer aus den USA an. Wer jetzt einen will, muss ihn gebraucht nehmen, weil Ford den Nachfolger bei uns nicht mehr verkauft.

"Warum bietet Ford das neue Modell des Explorer nicht in Deutschland an?" - Diese Frage war auf nahezu jedem dritten der von den Lesern von AUTO BILD alles allrad eingesandten Fragebögen von Hand notiert. Die Antwort ist so einfach wie traurig: Weil sich für Ford der Verkauf in Deutschland nicht mehr rechnen würde.

Das liegt vor allem am stark gestiegenen Kurs des Dollar, der in Wahrheit die Schwäche des Euro nutzt. Die Gewinnspanne für einen in Europa verkauften Explorer wäre für Ford gering. Das würde sich nur bei größeren Stückzahlen rechnen, die aber hierzulande nicht zu erwarten sind, solange es keine Dieselversion des Explorer gibt. Und die gibt es wiederum nicht, weil sich die Amerikaner nach wie vor nicht mit lauten und komplizierten Motoren sowie stinkenden und schmierigen Zapfsäulen anfreunden können. Erst ab 2004 wäre ein annehmbarer Diesel-Explorer vorstellbar, weil Dieselmotoren-Partner Peugeot bis dahin für Ford einen adäquaten 2,7-Liter-V6-TDI mit 175 PS fertig gestellt haben will.

Als es die D-Mark noch gab, konnte Ford den Explorer in Deutschland zu attraktiven Preisen anbieten. Der Dollar-Kurs war niedriger, der Einkauf in den USA profitabler. Und deshalb finden sich gehäuft die Jahrgänge bis 1997 auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt. Ab 1998 musste Ford den Neupreis für den Explorer deutlich anheben, weil der Dollar stieg. Und schon blieben die Käufer weg.

Wer einen Ford Explorer will, hat beste Aussichten, denn das Angebot an gebrauchten Exemplaren übersteigt die Nachfrage. Wegen der gestiegenen Spritpreise wollen sich viele von ihrem Amerikaner trennen und auf einen der heute so gefragten Turbodiesel umsteigen. Ob das angesichts des hohen Risikos an Motordefekten bei den heutigen Turbodieselmotoren eine weise Entscheidung ist oder nicht, muss jeder mit sich selbst ausmachen.

Tatsache ist jedoch, dass gebrauchte Explorer häufig wie Blei bei den Händlern stehen und derzeit auch von privat nur schwer zu verkaufen sind. Das drückt momentan gewaltig auf die Preise, und so kommt man bisweilen sehr günstig zu einem gut erhaltenen Exemplar. Der günstige Einstandspreis gleicht denn auch den relativ hohen Benzinverbrauch des vier Liter großen V-Sechszylinders wieder aus. Mit 15 Liter Normalbenzin/100 Kilometer sollte man im Alltag rechnen, die stärkeren Versionen ab 1997 mit 207 beziehungsweise 204 PS sind im Schnitt 0,5 Liter sparsamer.

Auch bei zurückhaltender Fahrweise kommt man jedoch nicht unter 11,5 Liter/100 km, und wer auf der Autobahn gern Tempo 160 wählt, muss bereits mit 17 Liter/100 km rechnen. Alle Explorer bis Baujahr 1999 werden bei echten 170 km/h etwas unsanft abgeregelt. Nur die letzte Version ab Ende 1999 mit 204 PS (150 kW), verbesserten Bremsen und etwas härteren Stoßdämpfern ist nicht elektronisch abgeregelt und erreicht echte 191 km/h.

Dennoch gehören Schnellfahrten nicht zu den Stärken des Explorer, unabhängig vom Modelljahr. Die Auswertung der Fragebögen zeigt, dass die bisweilen vorkommenden Getriebeschäden (4,8 Prozent der Leserfahrzeuge) gehäuft mit recht hohen Angaben über den Benzinverbrauch in Zusammenhang stehen. Zwischen 80.000 und 120.000 Kilometer macht dann das Getriebe schlapp. Umgekehrt ist auffällig, dass von Fragebogeneinsendern mit relativ niedriger Verbrauchsangabe ganz selten Getriebeschäden angegeben werden, selbst wenn der Kilometerzähler die 200.000-Kilometer-Marke schon deutlich überschritten hat.

Der Rekordhalter dieses Praxistests kam mit seinem Explorer auf 292.000 Kilometer - ohne Getriebeschaden; er gab allerdings typischerweise einen Verbrauch von gemäßigten 13,5 Liter/100 km an. Insgesamt lässt dies den Rückschluss zu, dass das Automatikgetriebe hohe Dauergeschwindigkeiten mit überdurchschnittlichen Ausfallquoten quittiert. Bei der Probefahrt sollte man deshalb intensiv das Automatikgetriebe ausprobieren. Spürbare Schaltrucke, verzögertes Herauf- oder Herunterschalten sind Alarmzeichen. Ebenso bräunliche oder trübe Verfärbungen im idealerweise klaren und erdbeerroten Automatiköl, dass über den separaten Messstab des Getriebes gut kontrolliert werden kann.

Intensiv testen sollte man auch die elektrischen Umschaltmöglichkeiten des Verteilergetriebes für den Allradantrieb. Beim Explorer I werden Allradantrieb und Geländeuntersetzung per Drucktasten gesteuert, beim Explorer II geschieht dies über einen Drehschalter. Bei beiden Versionen gibt es zuweilen Störungen am Verteilergetriebe (6 Prozent), das man am besten dadurch kontrolliert, dass man sämtliche Schaltstellungen nacheinander ausprobiert und dazwischen einige Dutzend Meter geradeaus fährt.

Während der Probefahrt checkt man noch, ob die Klimaanlage funktioniert. Nach der Fahrt prüft man, ob am Kühler oder den Schläuchen grünes Wasser austritt. Getriebe- und Kühlerprobleme sind auch die einzigen Dinge, die beim Explorer zu einer Panne führen können. Der Ami hat ein sehr zuverlässiges Startverhalten, und selbst die durch Getriebe- und Kühlerprobleme ein wenig getrübte Pannenquote liegt noch bei guten fünf Prozent.

Für immerhin 37 Prozent der Einsender des Fragebogens ist der Explorer nicht der erste Geländewagen. Recht oft wurden davor ältere Allradler aus Japan gefahren. Der Zweitwagenanteil liegt bei 51 Prozent, häufig findet man dabei kleinere Ford-Pkw. Eher schlechte Noten erhalten die Ford-Werkstätten. 41 Prozent der Fragebogeneinsender sind nicht zufrieden mit der Arbeitsleistung. Der Preis für eine große Inspektion liegt nach Leserangaben bei durchschnittlich 430 Euro.

Mager sieht die Wiederkaufquote aus. Klar, als Neuwagen wäre der neue Explorer III nur über den freien Import erhältlich. Nur 65 Prozent der Einsender würden wieder zum Explorer greifen, wobei häufig bedauert wird, dass es keinen Diesel gibt. Entsprechend wählen die Abwanderer Mercedes ML 270 CDI und BMW X5 3.0d. Immerhin fünf Prozent bleiben Ford doch treu und wählen den Maverick V6.

Modellgeschichte
1989 Modelleinführung des Explorer in den USA mit 4,0-Liter-V6-Benziner (165 PS) und Zuschalt-Allrad (Länge als Viertürer: 4,68 m); Tankinhalt 72 Liter
1993 Deutschland-Einführung des viertürigen Explorer mit Automatik
1995 Facelift (Explorer II) mit neuer Frontpartie, Chromstoßfängern, neuen Heckleuchten; neuer Innenraum mit Airbags; permanenter Allradantrieb, neue Vorderachse (mehr Bodenfreiheit), neue Bremsen; 4.0 V6 jetzt 156 PS, Außenlänge jetzt 4,79 m, 80-Liter-Tank
1997 4.0 V6 mit oben liegenden Nockenwellen: 207 PS; ab 99: 204 PS
2001 Ablösung in den USA durch Explorer III; kein Deutschland-Import

Schwachstellen:
Die innen belüfteten vorderen Bremsscheiben halten beim relativ schweren Explorer je nach Fahrweise zwischen 40.000 und 80.000 km • Vor Rost ist der Explorer mäßig geschützt. Die unteren Bleche sind zwar verzinkt, aber kaum versiegelt • Der Auspuff hält dafür etwa acht Jahre • Die Getriebe machen in seltenen Fällen Ärger. Sowohl das Automatikgetriebe als auch das Verteilergetriebe mussten bei knapp 5 Prozent der Leserfahrzeuge ausgetauscht werden; meist nach rund 100.000 km, meist bei flotten Fahrern. Lästige Undichtigkeiten kommen beim Explorer selten vor • Die Zuverlässigkeit des Explorer ist sehr gut; das lieben die Amerikaner • Probleme beim Anspringen machten weniger als 3 Prozent der Leser-Explorer; fast immer lag es an der Wegfahrsperre • Eine Panne auf freier Strecke erlitten auch nur 5 Prozent. Gründe: Defekt an Kühler oder Schläuchen, seltener das Getriebe

Reparaturkosten
Preise inklusive Mehrwertsteuer am Beispiel eines Ford Explorer 4.0 SOHC mit 207 PS, Baujahr 1998. Für Motoren und Automatik gibt es annehmbare AT-Preise. Teuer sind Bremsscheiben und Anlasser, billig ist der Auspuff.

Ersatzteil-Preise Ford Explorer
Kotflügel vorn: 198 Euro
Scheinwerfer komplett: 221 Euro
Bremsscheiben vorn (ein Satz): 321 Euro
Bremsklötze vorn (ein Satz): 119 Euro
Getriebe (AT): 1552 Euro
Motor ohne Anbauteile (AT): 3111 Euro
Lichtmaschine neu: 371 Euro
Anlasser neu: 423 Euro
Wasserpumpe neu: 112 Euro
Auspuff ohne Kat : 237 Euro

Fazit:
Der Explorer ist ein typisch amerikanisches Auto: robust, zuverlässig, problemlos bedienbar und geräumig. Typisch auch, dass die Hohlraumversiegelung fehlt, mal die Farbe an ein paar Plastikteilen abblättert und die Getriebe deutschen Schnellfahrern offenbar nicht immer gewachsen sind. Man sollte mit dem Explorer so fahren, wie die Amerikaner das tun.

Technik:
Allradantrieb: Explorer I mit zuschaltbarem Allradantrieb (bis 80 km/h während der Fahrt), Geländeuntersetzung. Explorer II mit permanentem Allrad über elektronisch geregelte Ölbadlamellenkupplung; Geländeuntersetzung;
Aufbau: Leiterrahmen, aufgeschraubte Karosserie;
Verbrauch: I - 165/156 PS: 15 l Normal; II - 207/204 PS: 14,5 l/100 km Normal;
Höchstgeschwindigkeit: 165/156/207 PS: 170 km/h; 204 PS: 191 km/h

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Quelle
 
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