26.08.2006 Ford und GM buhlen um Renault

M

Master362

Gast im Fordboard
Der amerikanische Autohersteller Ford bringt sich als Ersatzpartner für Renault/Nissan ins Gespräch, falls die Gespräche des französisch-japanischen Autoverbunds mit dem Wettbewerber General Motors scheitern. Vorstandschef Bill Ford jedenfalls soll genau dies dem Renault/Nissan-Chef Carlos Ghosn angeboten haben, berichten mehrere amerikanische Medien übereinstimmend. Die beteiligten Unternehmen gaben dazu keinen Kommentar ab. Bill Ford dementierte in einem Interview mit der Zeitschrift „Business Week“ eine Annäherung an die Renault-Allianz aber nicht und sagte: „Wir sitzen nicht am Spielfeldrand und warten, was passiert.“ Konkreter wurde Ford nicht.
Schon in den vergangenen Wochen hatte Ford gesagt, er stehe Allianzen allgemein offen gegenüber. Wie es nun heißt, soll es sich bei dem Gespräch zwischen Ford und Ghosn nur um ein grundsätzliches Signal gehandelt haben, und es sollen noch keine Details besprochen worden sein. Mit dem Flirt von Ford und Renault/Nissan sind die Gedankenspiele um neue Konstellationen in der globalen Autoindustrie um eine Variante reicher. GM steht der Dreier-Allianz mit Renault und Nissan zurückhaltend gegenüber. Und Ghosn sagte bereits, er könne sich andere Unternehmen für eine Zusammenarbeit vorstellen, falls es zu keiner Einigung mit GM kommt.
Vertiefte Prüfung einer Partnerschaft
Die Idee für eine Allianz zwischen GM und Renault/Nissan kam nicht vom amerikanischen Autokonzern selbst, sondern von dessen Großaktionär Kirk Kerkorian. Der 89 Jahre alte Investor hatte den Plan zuvor nur mit Ghosn abgestimmt. Von einer solchen Partnerschaft verspricht sich Kerkorian Synergien in der Fertigung und Produktentwicklung, möglicherweise auch Impulse im Management - und auf jeden Fall steigende Aktienkurse. In einer Dreier-Allianz ist auch eine Beteiligung von Renault und Nissan an GM von jeweils 10 Prozent angedacht.
GM fühlte sich von dem Vorstoß von Kerkorian überrollt. Vorstandschef Rick Wagoner und dem Verwaltungsrat mißfiel, wie das Unternehmen von seinem Investor in die Allianzgespräche gedrängt wurde. Trotzdem beschloß der Verwaltungsrat Mitte Juli die vertiefte Prüfung einer Partnerschaft und setzte dafür einen Zeitraum von 90 Tagen an. Mit einer Entscheidung wäre Mitte Oktober zu rechnen.
Luxussparte wird immer mehr zum Krisenherd
In der Zwischenzeit hat sich die Lage beim Wettbewerber Ford erheblich zugespitzt. Das Unternehmen sorgte in den vergangenen Wochen für eine Serie von Hiobsbotschaften. Ford meldete überraschend einen Verlust für das zweite Quartal. Bei der Vorlage der Zahlen kündigte Bill Ford bereits an, das Unternehmen müsse seine Sanierungsanstrengungen beschleunigen. Dabei hatte Ford erst im Januar eine tiefgreifende Restrukturierung eingeleitet, nach der sich das Unternehmen bis zum Jahr 2012 in Amerika von bis zu 30.000 Mitarbeitern trennen und 14 Werke schließen will. Auch das dritte Quartal begann mit einem dramatischen Absatzeinbruch auf dem amerikanischen Heimatmarkt im Juli, vor allem im margenträchtigen Geschäft mit sportlichen Geländewagen (SUVs) und Lastwagen (Trucks).
Ende vergangener Woche kündigte Ford an, seine Produktionsmengen für das vierte Quartal um ein Fünftel zu kürzen. Der Einschnitt betrifft vor allem das Truck-Geschäft. Das wird sich unmittelbar in den Ergebnissen des vierten Quartals niederschlagen, denn Autohersteller buchen Umsätze üblicherweise sofort nach der Produktion und nicht erst, wenn die Autos verkauft werden. Immer mehr zu einem Krisenherd wird auch die Luxussparte Premier Automotive Group (PAG) mit den Marken Jaguar, Land Rover, Aston Martin und Volvo.
„Ich bin nicht von meinem Titel besessen.“
Ford kündigte einen Verlust für die PAG im Gesamtjahr an und erwägt nun offenbar den Verkauf von Marken aus diesem Portfolio: Jaguar und Land Rover gelten als die ersten Kandidaten. Daß bei Ford größere Veränderungen ins Haus stehen, wurde deutlich, als kürzlich ein früherer Investmentbanker von Goldman Sachs als Berater anheuerte. Kenneth Leet soll nach Angaben von Ford „eine breite Palette strategischer Alternativen“ prüfen.
Einzelheiten zu den nächsten Sanierungsschritten werden im September erwartet. Bill Ford hat in dem Zeitschriften-Interview deutlich gemacht, daß er in großen Dimensionen denkt. „Wir erwägen radikale Veränderungen“, sagte er. Auf die Frage, ob Ford sich den Verkauf von Jaguar oder der in Amerika schwächelnden Marke Lincoln vorstellen könnte, sagte er, dies sei nicht auszuschließen. Weiterhin deutete Ford an, nicht mit aller Macht an seinen Posten als Chairman und Chief Executive Officer zu kleben: „Ich bin nicht von meinem Titel besessen.“ Dem 49 Jahre alten Bill Ford wurde schon wiederholt Amtsmüdigkeit nachgesagt. Er hat auch schon versucht, Carlos Ghosn für eine Top-Position bei Ford zu rekrutieren. Eine Absage erteilte Ford allerdings Überlegungen, daß die Gründerfamilie Ford Kontrolle am Unternehmen abgibt und ihr Engagement zurückfährt. Die Ford-Familie verfügt über 40 Prozent der Stimmrechte am Autohersteller.

Quelle
 
Oben